Eigentlich hab ich überhaupt keine Zeit, ich muss dringend noch was für meine Krankenhausserie fertigschreiben und will am liebsten sofort ins Bett. Aber: Auch wenn ich Freund oft vorwerfe, er setze seine Prioritäten falsch und manövriere sich dadurch doch regelmäßig in die Bredouille, kann ich nicht anders:
Ich muss kurz was zum Tag des Baumes schreiben.
Der ist heute, am 25. April 2017. Weiß ich von 1LIVE, da hab ich heute Morgen beim Schminken einen ganz herrlichen Beitrag zum Thema gehört. Der wirklich urkomische Reporter traf sich mit einer Baumexpertin oder so (nicht genau verstanden) und kommentierte das gemeinsame Abbürsten der Bäume (tolles Geräusch!), das bitte in kreisenden Bewegungen erfolgen sollte, mit: „Hat ein bisschen was von Zähneputzen“. Baumexpertin: „Du weißt aber schon, dass man nicht mit kreisenden Bewegungen Zähneputzen soll?!“. Haha!
An dieser Stelle kann ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, auf mein großes, wirklich unterhaltsames FAQ Mundhygiene hinzuweisen.
Weiter ging es (raschel, raschel, knack) mit einem Rabauken, der – dem Zufall sei dank – just in diesem Moment beim Wildpinkeln – an einen Baum!!! – ertappt wurde. Ob das Urin denn nicht vielleicht schädlich für die Bäume sei, wurde er gerügt und setzte wissenschaftlich auseinander, dass das davon abhänge, wie viele andere Männer mit welcher Säurekonzentration denselben Baum anpinkeln würden. Hach, ich habe mich wirklich könglich amüsiert. Leider kann ich den Beitrag nicht ausfindig machen, bin bei meiner Recherche (immer diese Recherche!) aber auf folgende Meldung gestoßen:
Der 2. Februar steht laut den Hörern des WDR-Radiosenders 1Live seit 2017 für den sogenannten Tag des arbeitslosen Duftbaums.
Muahahahaha! So was gefällt mir ja wirklich außerordentlich! Aber hier soll es natürlich um echte Bäume gehen und ich fasse mich dieses Mal wirklich kurz:
Bäume sind wundervoll!
Im Ernst! Wir laufen, fahren, rollen, joggen jeden Tag an ihnen vorbei, und scheren uns nicht um sie. Sie sind einfach da, genauso wie Autos, Häuser und andere wuselige Menschen, die schnell von A nach B flitzen, ohne der Welt um sie herum große Aufmerksamkeit zu schenken. Nicht dass ich immer total bewusst gemütlich durchs Leben lustwandeln würde, weiß Gott nicht, ich trage nicht umsonst den Spitznamen „Lisa Sausebraus“. Aber bei aller Eile nehme ich doch ständig die Bäume, die ich passiere, wahr. Erfreue mich an ihnen, bin fasziniert, erstaunt, gar hingerissen, manchmal aber auch etwas erschrocken. Wenn Bäume besonders gewaltig sind oder aussehen, als würden sie einem etwas sagen wollen. So à la „things with faces“, wie zum Beispiel dieser Kollege im Blücherpark (kennengelernt bei einem Spaziergang mit meiner tollen Freundin Rosa, die die lustigen Bilder malt)
Wo ich den so schnell hervorgezaubert hab? Der Entschluss zu diesem spontanen Beitrag war erst endgültig gefasst, als ich mich erinnerte, dass ich sogar einige eigene Baumfotos auf meinem Handy habe. Ja ja, ich habe im Tag der Unglaublichkeiten geschrieben, ich würde selten Fotos machen. Aber Bäume reißen mich doch hin und wieder zum Knipsen hin. Dieses Foto (nofilter!) ist erst gestern im Alpsee (zu den Füßen von Schloss Neuschwanstein) entstanden.
„Ist das ne Fichte?“, fragte ich Freund. „Nein, eine Kieferart die zur Sonne hinwächst“. Autsch. Wie ne Fichte aussieht, weiß ich eigentlich. Ehrlich! Aber es ist tatsächlich so: Ich kann ne Birke von ner Tanne unterscheiden und erkenne Ahorn(s), Trauerweiden (sehr hübsch!!) und Kastanien. Dann hörts auch schon fast wieder auf. Das ist natürlich peinlich, macht aber eigentlich gar nichts, denn ich muss ja nicht wissen, um welche Baumart es sich handelt, um mich für sie zu begeistern.
Und das tue ich! Bäume sind irre! Ihre Rinde, Häute, Strukturen, ihr Laub, die Verästelungen und die Wurzeln, natürlich die Wurzeln! Und was die für Sachen machen! Zum Beispiel dieser hier, um die Ecke von Omis Zuhause in Berlin-Kreuzberg. Der ist ganz ganz ganz schief gewachsen (ja, das Haus und ich sind (einigermaßen) gerade!)
Und dieses Foto hier habe ich für Freund geschossen und ihm eingerahmt geschenkt, weil es mich an ihn bzw uns erinnert: Der eine hat den anderen umschlungen, beschützt ihn und nun wachsen sie zusammen weiter.
Ja gut, das ist vielleicht ein bisschen sehr romantisch interpretiert, ändert aber nichts daran, dass ich sicher bin:
Bäume können einem unheimlich viel geben. Ruhe, Kraft, Schutz, Inspiration, Gedankenanstöße, Entschleunigung.
Auf meinen 12 Kilometern Arbeitsweg (direkte Strecke ohne Verfahren!) gibt’s Stellen mit besonders interessanten Bäumen. Die sind gar nicht unbedingt schön, aber ihr Anblick katapultiert mich jeden Morgen aufs Neue ins Hier und Jetzt. Ich denke plötzlich nicht mehr darüber nach, ob ich mein Tagespensum im Büro wohl schaffe und dass die nächste Ampel grün sein sollte, wenn ich nicht zu spät kommen will. Überlege nicht, ob ich abends oder am nächsten Morgen ins Fitnessstudio gehe, ob ich in der Kantine essen werde, was ich nach Dienstschluss einkaufe und wo ich den längst überfälligen Anruf bei meiner Schwiegermutter in spe einbauen soll.
Das laute Kopfkino wird plötzlich leise und ich bin ganz bei mir und den Bäumen. Ohne Scheiß, das fühlt sich richtig gut an und gibt mir viel, so viel.
Und dann komme ich heute Abend nach Hause und sehe: Freund hat mir während meines Heimwegs, vorbei an den Bäumen, folgendes Foto von seinem heutigen Spaziergang im Allgäu geschickt. Ohne zu wissen, dass Tag des Baumes ist:
„Ich bin der Wald, ich bin uralt. Ich hege das Reh, ich schütz euch vor Schnee. Ich bau euch das Haus. Ich heiz euch den Herd, drum Menschen – haltet mich wert“. Da bin ich schon wieder etwas rührselig geworden.
An dieser Stelle sei auf Hurrahappen verwiesen, ein Projekt von zwei liebenswerten, kreativen Kölnern, die ihren Newsletter als „Proteinriegel für deinen Seelenbizeps“ bezeichnen und mir am 21. März zum Tag des Waldes eine entzückende, personalisierte Mail geschrieben haben, die mit folgendem Gedicht endet:
„Mit Lisa im Wald
mal weg vom Asphalt,mit Sträuchern und Bäumen,
zum Lachen und Träumen“
So, jetzt (23:57) aber wieder an die Arbeit!
Hallo Omi! Mach dir keine Sorgen, ich übernehme mich nicht!
[…] und kennt ihr den Tag des arbeitslosen Duftbaums? Ist am […]