Das ist meine Freundin Rosa:
Ich finde die total toll. Es gibt genau genommen ganz schön vieles, für das ich sie bewundere.
Heute soll es aber (erst mal) um ihre Kunst gehen.
Ja, Rosa ist Künstlerin!
Mehr so für sich, als für die Öffentlichkeit. Das hat Gründe: Druck und Blockaden und so. Ich finde das schade, weil ich ein echter Fan bin. Nein, eigentlich ist das nicht nur schade, sondern ein Jammer! Denn ich bin sicher, dass Rosas skurrile, oft sooo lustige und vor allem schlaue Motive nicht nur mich, sondern ganz schön viele Menschen begeistern können. Deshalb:
Vorhang auf für Rosa, Miss Understatement!
Würdest du dich als Künstlerin bezeichnen?
Ja! Ach, da soll ich jetzt noch mehr zu sagen, oder?
(Anmerkung: geschlossene Frage = mein Fehler).
Also ich hab natürlich nicht studiert. Ach, ich weiß eigentlich gar nicht, ob ich Künstlerin bin.
Du hast Schwierigkeiten, auf die Frage zu antworten, weil du’s „nur“ als Hobby machst, oder?
Richtig, genau.
(Schon wieder mein Fehler! Ich war wirklich unkonzentriert. Rosa macht mich aber auch immer nervös.)
Reicht dir das denn, ein erfüllendes Hobby zu haben? Meinst du nicht, du könntest mit deiner Kunst auch Geld und Fame erlangen?
Sobald es um Geld geht, kann ich nicht mehr malen.
Echt nicht? Bist du dann blockiert?
Ja, dann kommt so ein Druck und dann wird’s sehr schwierig und dauert ewig lang. Ich denke, wenn man eine Ausbildung in dem Bereich macht und es professionell betreibt, lernt man, damit umzugehen. Und trotzdem: Der Grund, warum ich mich nicht professionell habe ausbilden lassen, ist, dass ich’s einfach nicht kann, dieses Auftragsmalen.
Würdest es gerne können?
Ja klar, dann könnte ich mit meiner Kunst Geld verdienen. Aber dann hätte ich auch früher damit anfangen müssen.
Es ist natürlich nicht so toll, wenn man sich auf seiner Website als Künstlerin präsentieren will, und dann sagt: „Ich kann aber nicht für Geld arbeiten“.
Also kann’s eigentlich nur so funktionieren, dass jemand Interesse an einem Motiv hat, das du eh schon gemalt hast, und sagt: „Ich möchte dir Geld dafür geben“?
Genau, das geht.
Und das passiert auch?
Das ist noch nicht passiert. Was zum einen daran liegt, dass meine Sachen in Büchern sind, die müsste man dann rausreißen und einscannen. Hat schon mal jemand was (…), nein, es hat noch niemand was gekauft. Aber ich habe auch noch nie ausgestellt. Nur ein Mal ganz klein in Bochum, in einer Ecke eines offenen Ateliers. Da habe ich nur Postkarten verkauft, die auch nur Reproduktionen waren, keine Originale.
Möchtest du denn gerne mal ausstellen?
Tja, wie sich mit Notizbüchern so ausstellen lässt, ne? Ich hab die dann festgebunden, sodass die Leute drin blättern konnten. Ich glaube, für mich wäre interessant, aus dem Fundus, den ich habe – was viele hundert Bilder sind – Reproduktionen zu verkaufen. Postkartendrucke oder auch bedruckte Tassen, Sweatshirts und so was in der Art. Das wäre eine realistische Antwort.
Meinst du denn, es läuft darauf hinaus, dass dein Zeichnen immer eher ein Hobby bleibt und für dich, statt für eine größere Öffentlichkeit bestimmt ist?
Ich denke schon. Sonst wäre es ja längst anders. Ich halte ja auch gar nicht so viel von meinem Gezeichne, wie du zum Beispiel. Ich sag ja immer: Es gibt so viele Leute, die das so viel besser können. Wobei, ich hab ja Aufträge gemacht, zum Beispiel letzten Monat ein Plattencover für die Züricher Band Borderline Symphony. Oder als eine Freundin 30 wurde, sollte ich für eine Einladungskarte 30 Pinguine malen. Eine andere wollte eine Unzahl Punkermöwen auf der Reeperbahn. Bitte sehr!
Und das ging, obwohl Druck da war?
Ich wusste ja bei dem Cover nicht, dass der mir hinterher Geld dafür gibt. Ich dachte, ich mache das einfach nur für einen Kumpel. Und dann ist es ganz gut geworden, ja.
Erklär doch mal bitte diese Verknüpfung von Geld und Druck.
Mit Geld gibt es eine Erwartung, die berechtigter ist, als wenn jemand kein Geld dafür bezahlt. Wenn mir jemand 100 Euro anbietet ist da viel mehr Druck, als wenn jemand sagt: „Ich bräuchte mal eine Eule.“ „Ja hier, ne Eule, bitteschön.“
Ich hab da aber auch noch nie so wirklich drüber nachgedacht, sondern merke, „es geht nicht“, feddich. Vielleicht könnte man das aber auch lernen, sich coachen lassen und gegen diese Ressentiments ankämpfen.
Macht dich das denn manchmal mürbe, dass du so ein tolles Talent hast, aus dem man Profit schlagen könnte (…)
Naja, ich kriege ja auch Anfragen. Aber: Wenn ein Profi zehn Tage für einen Auftrag braucht, brauche ich 30. Ich muss ja auch realistisch bleiben: Entweder, du bist Profizeichner und hast auch entsprechende Zeit dafür, oder du machst es nebenbei und guckst, wie du es unterkriegst. Ich schenk dann lieber Freunden was.
Bist du dir eigentlich im Klaren darüber, wie toll und wertvoll es ist, ein solches Hobby zu haben?
So viele Leute haben tolle, kreative Hobbys! Musik, Schreiben, Programmieren! Mein Hobby ist sicher viel wert, aber ich glaube nicht, dass ich deshalb wertvoller bin, als irgendjemand anders der auch was Kreatives macht oder sogar etwas kann, das ich nicht kann, was nicht kreativ ist.
Was bedeutet dir das Zeichnen?
Ach, das Zeichnen ist für mich wie ein Freund, der immer bei einem ist. Wenn man nichts zu tun hat, ruft man ihn an, dann kommt er rauf und man macht sich ein bisschen Musik an.
Und es ist ja auch was sehr Verbindendes. Ich habe mit zwei, drei Freunden Mal-Treffen, da sitzen wir acht Stunden oder länger zusammen und malen drauf los. Das sind immer besonders schöne und freundliche Tage. Das mache am liebsten: mit anderen zusammen malen. Alleine mache ich das eigentlich gar nicht so gerne.
Wie oft machst du’s denn überhaupt?
Ganz selten im Moment.
Also eher phasenweise?
Vor zehn Jahren habe ich viel mehr gemalt. Manchmal male ich monatelang gar nicht. Wobei ich mittlerweile, in meiner neuen Wohnung, sogar ein Atelier habe. Aber das ist noch nicht fertig. Also setze ich mich an den Küchentisch und dann geht’s rund.
Apropos „dann geht’s rund“ – wie kann man sich das vorstellen, wo kriegst du deine Inspirationen her? Ereilen dich die Ideen während des Abwaschs, oder setzt du dir Zeiten fürs Malen und hoffst, dass dann was aus dir heraussprudelt?
Oft bespreche ich was mit Freunden und male das dann. Einmal ging’s zum Beispiel um das Raschmunzel: die Prinzessin auf dem Turm, bei der nicht das Haar, sondern ihr Lächeln bis zum Boden reicht. Das habe ich dann gemalt.
Das Rot-Treppchen gab’s auch. Und den Boschkönig und den Schattenfänger von Hameln. Wir reden irgendwelchen Quatsch und ich bringe den aufs Papier. Und dann schenke ich’s den Leuten. Ganz abstruse Sachen sind das. Die Hoffnungslose stehen zum Beispiel noch an. Statt Nieten. Oder die Malträtiere. Das Affenputtel hab ich auch mal gemalt.
Hat dir damals in der Schule mal ein Kunstlehrer gesagt, du hättest herausragendes Talent?
Nääää! Das ist ja kein herausragendes Talent! Die Skills sind ja gar nicht so da. Was viele Leute so charmant finden, sind eher die Motive, als die Art, wie es gezeichnet ist. In der Schule geht’s ja eher um vorgegebene Motive, als um Kreativität. Ich verbrate ja eh meistens den Senf der anderen. Oft kommen die Ideen gar nicht von mir, sondern durch andere. Die erzählen was und dann entspringt bei mir im Kopf ein Bild dazu und ich male das.
Kommst du aus einer kreativen Familie?
Nee. Wobei, mein Opa hat gerne geschnitzt. Ach, und meine Großtante war Textildesignerin, die konnte sehr gut zeichnen. Die hat zusammen mit Loriot Kunst studiert!
Kam es für dich nie in Frage, Kunst zu studieren?
Nee, weil ich dachte, das sei brotlos. Und dann hab ich mich – richtig geil – dafür entschieden, Geisteswissenschaften zu studieren und bin jetzt reich.
(Nicht! Wir lachen beide laut).
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Rotzig und charmant.
Hat das Malen für dich einen ähnlichen Effekt, wie für Jogger das Laufen nach einem stressigen Tag? Kopf freikriegen und so?
Ich hab das nie als was Therapeutisches angesehen, sondern eher so, als würde man was bauen. Wie ein Stückchen Arbeit, so nach dem Motto: Ich habe was vor, dann mache ich das und setze ein Häkchen dahinter.
Aber dass mich das irgendwie von Stress löst? Nein. Ich kann auch eigentlich gar nicht malen, wenn es mir nicht gut geht oder ich Stress hab. Die Laune muss gut sein, ich muss entspannt sein und dann kann’s losgehen. Joggen hat da wohl einen anderen Effekt, das ist für was anderes da. Und oft ist mein Beweggrund fürs Zeichnen ja, dass ich jemandem eine Freude machen will, also für jemanden was mache.
Du spielst deine Gabe die ganze Zeit so’n bisschen runter. Bist du denn trotzdem stolz auf deine Kunstwerke?
Auf manche ja. Auf lustige und welche, die ich als gut gelungen empfinde, auf jeden Fall.
Wie oft kommt das ungefähr vor?
Och, bestimmt bei 70 Prozent.
Hast du ein absolutes Lieblingsbild?
Nicht wirklich, aber Elegans und Eleganter finde ich gut.
Ich auch! Und ich finde Rosas Idee, sich eins ihrer Motive auf ne Klamotte drucken zu lassen, grandios. Das mach ich!
Aber welches bloß?
Ich bin übrigens überrascht, dass Rosa sich überhaupt zu diesem Interview bereiterklärt hat.
Denn (das sollten nun wohl alle verstanden haben):
Rosa fühlt sich unterm Teppich wohler, als im Rampenlicht.
Mir egal. Nachdem ich so gerne empfehle und Aufmerksamkeit schaffe und vernetze und Werbetrommelrühre, wenn ich von etwas überzeugt bin, war mir dieser Beitrag eine Herzensangelegenheit.
Und ich freue mich, dass ihr jetzt ihre tollen Bilder kennt. Viele weitere (wunderbare!) gibt’s übrigens hier.
Was euch gefällt, könntet ihr euch drucken lassen. Zum Beispiel, damit eure Freunde mal schöne Postkarten bekommen. Und wer weiß, vielleicht möchte sich ja sogar mal jemand was von Rosa malen lassen.
„Kleine Sachen, wie Geburtstags- oder Einladungskarten, krieg ich schon gut hin.“
Der direkte Draht zu Rosa:
Oder über mich, klaro.
Und jetzt gibt’s zum krönenden Abschluss noch fancy Bewegtbild. Wer mich am Ende nicht erkennt, ist doof!
Ein bezauberndes Interview mit einer bezaubernden Frau! Finde diese Bescheidenheit ja wahnsinnig charmant, aber wenn man sich die (wirklich wirklich großartigen) Bilder anschaut, ist es natürlich etwas schade, dass das dazu führt, dass ich jetzt nicht in den Laden um die Ecke gehen kann, um mir nen Druck von Rosa zu kaufen…aber was nicht ist, …
PUSH FOR ROSA!!!
<3 Yeeeeah! Allein dafür hat sich das Interview ja schon gelohnt - schön, dass du genauso begeistert bist, wie ich! Und zögere nicht, dich bei ihr zu melden ... am besten natürlich direkt mit ner kruden Idee im Kopf, die Rosa für dich illustriert :-) (vielleicht was Hübsches für deinen Blog?)
[…] Im Ernst! Wir laufen, fahren, rollen, joggen jeden Tag an ihnen vorbei, und scheren uns nicht um sie. Sie sind einfach da, genauso wie Autos, Häuser und andere wuselige Menschen, die schnell von A nach B flitzen, ohne der Welt um sie herum große Aufmerksamkeit zu schenken. Nicht dass ich immer total bewusst gemütlich durchs Leben lustwandeln würde, weiß Gott nicht, ich trage nicht umsonst den Spitznamen „Lisa Sausebraus“. Aber bei aller Eile nehme ich doch ständig die Bäume, die ich passiere, wahr. Erfreue mich an ihnen, bin fasziniert, erstaunt, gar hingerissen, manchmal aber auch etwas erschrocken. Wenn Bäume besonders gewaltig sind oder aussehen, als würden sie einem etwas sagen wollen. So à la „things with faces“, wie zum Beispiel dieser Kollege im Blücherpark (kennengelernt bei einem Spaziergang mit meiner tollen Freundin Rosa, die die lustigen Bilder malt) […]