Als mir meine Freundin Linda vor vier Jahren zum ersten Mal von ihrem „Nebenverdienst Plasmaspenden“ erzählte, wusste ich sofort: Das mache ich auch! Ich war jung und brauchte das Geld. Jung stimmt nicht ganz, aber Volontärin mit entsprechendem Gehalt. Und weil man Geld immer gebrauchen kann, spende ich bis heute. Stimmt schon wieder nicht: Ich habe lange pausiert und spende nun seit einem halben Jahr wieder. Aus Überzeugung (voll gut fürs Gewissen!) und – natürlich – wegen des Geldes. Etwas plump könnte man sagen: Was mir den Arsch rettet, rettet anderen das Leben. Ich brauche die Euros gerade tatsächlich. Und noch viel dringender brauchen Menschen mit Hämophilie– oder Autoimmunerkrankungen mein Plasma. Mein Plasma, aus dem ihre lebensnotwendigen Medikamente hergestellt werden. Mein Plasma, das sich nach zwei Tagen komplett regeneriert hat. Ich bekomme 21 Euro pro Spende. Eine Aufwandsentschädigung, die einem ein dermaßen gutes Gefühl gibt.
Die Zapfstation meines Vertrauens ist am Hohenstaufenring. Genau genommen kann man in Köln eh nur hier, beim Plasma Service Europe, Plasma spenden. Ein Glück, dass das Zentrum ist, wie es ist: ein Ort, den ich regelrecht mag, zu dem ich gerne gehe. Und das nicht nur wegen des Geldes. Du kennst das doch bestimmt: Es gibt so Mitarbeiter, bei denen merkt man sofort: „Die machen das hier gerne und verstehen sich dabei auch noch herrlich gut“. Stichwort gutes Arbeitsklima. Ist im Dienstleistungsbereich ja leider so gar nicht selbstverständlich. Umso mehr freue mich im Zentrum jedes Mal über die wirklich netten (nicht bloß freundlichen) Damen und Herren (27 an der Zahl, alle ausgebildete Medizinische Fachangestellte, Krankenpfleger oder Rettungsassis). Die haben alle so ne gute Mischung aus Professionalität und Humor. Bei ausnahmslos jedem Besuch muss ich mindestens ein Mal dank ihnen schmunzeln, wenn nicht gar laut lachen, und bin oft regelrecht gerührt, wie die Pikserinnen und Pikser miteinander umgehen. Ich bin dann immer sicher: „Da steckt bestimmt ein(e) tolle(r) Chef(in) hinter“. Und irgendwann hatte ich sie vor mir: „C. Lipps, Zentrumsleitung“, laß ich neulich auf dem Schild der Frau, die an dem Tag meine Vitalfunktionen gemessen hat.
Nun war alles klar: Frau Lipps ist ein Sonnenschein und noch dazu ne echte Spaßkanone. Die Frau hat Feuer im Hintern, immer ein Lächeln im Gesicht und strahlt eine beneidenswerte Zufriedenheit und vor allem Spaß an ihrer Arbeit aus. Da hab ich mich schnell getraut, zu fragen, ob ich diesen Beitrag machen darf. Klar darf ich. Und weiß jetzt: Frau Lipps fühlt sich ein bisschen, wie der Bundestrainer: „Ich gebe mir große Mühe, hier eine richtige Mannschaft zu formen, so wie Jogi das auch macht. Unsere Arbeit funktioniert nur mit einem starken Team.“
In dieser Aufgabe geht Carola Lipps, gelernte Arzthelferin, die später BWL studiert hat, total auf. Aber nicht nur, weil sie die Personalverantwortung so mag, sondern vor allem auch der Sache wegen: „Mein Job erfüllt mich einfach! Gerade, wo ich vorher blöde IGe-Leistungen verkauft habe!“. Ja, das Plasma wird wohl dringender benötigt, als individuelle Gesundheitsleistungen wie Bachblüten-Therapien oder dauerhafte Haarentfernungen. Für die Versorgung eines Menschen mit einem Immundefekt sind durchschnittlich 100-130 Spenden pro Jahr notwendig. Und ein Hämophilie-Erkrankter braucht jährlich die Gerinnungsfaktoren von 1.200 Plasmaspenden!
Ich gehe seit ein paar Monaten zwei Mal die Woche spenden. Und denke jedes Mal: Schön, wie viel hier immer los ist. Die ertrinken ja in Spenden!“ Stimmt leider überhaupt nicht: Zwar hat das Kölner Zentrum erst letzte Woche seinen Rekord gebrochen: 197 Spender an einem Tag! Doch das reicht nicht:
„Wir brauchen eigentlich deutlich mehr Plasma: Wir schaffen es nicht, den Bedarf deutscher Empfänger zu decken und müssen kontinuierlich Plasma aus Amerika hinzukaufen.“
WHUAAAT???! Leute, geht spenden! Wer Probleme mit Nadeln, Einstichen und Blut hat: verstehe ich. Du hast keine Angst? Dann liegen wir vielleicht bald nebeneinander im Spendersaal. Das Prozedere läuft folgendermaßen ab:
Hard Facts
Was ist denn dieses Plasma überhaupt?
Der flüssige Anteil deines Blutes, Farbe: rötlich, gelblich oder sogar grünlich. Die Suppe besteht zu 92-95% aus Wasser und zu etwa 5-8 % aus Proteinen und Hormonen. Aus den Proteinen werden die lebenswichtigen Medikamente für die Empfänger hergestellt.
Geht’s mir nach dem Plasmaspenden genauso dreckig, wie nach dem Blutspenden?
Nee, gar nicht! Ich fühle mich beim Verlassen des Zentrums körperlich tatsächlich genauso, wie beim Betreten. Das Plasmaspenden ist im Vergleich nämlich super kreislaufschonend, denn: Anders als beim Blutspenden bekommst du die zellulären Blutbestandteile während der Spende wieder zurück und dein Plasma regeneriert sich sogar ruckzuck wieder. Deshalb darfst du, wenn deine Werte es erlauben, bis zu zwei Mal die Woche Plasma abgeben.
Geil, und wie werde ich nun Spender?
Anrufen (0221 4203650), Termin ausmachen und los geht’s (funktioniert natürlich auch online)! Bei deinem ersten Besuch hast du nach der Venenkontrolle ein ärztliches Beratungsgespräch und gründlich untersucht wirst du natürlich auch. Außerdem wird dir Blut abgenommen und nach sieben Tagen bekommst du Bescheid, ob du als Spender geeignet bist – was wahrscheinlich ist.
OK. Und wie läuft so ne Spende ab?
Ganz toll! Du machst einen Termin aus (das geht auch super kurzfristig und die Öffnungszeiten sind 8 bis 20 Uhr), kommst im Zentrum an und gehst am besten erst mal zum Dallmayr-Kaffeeautomaten mit übertriebenen 22 Auswahlmöglichkeiten. Noch bevor du deinen Becher leer geschlürft hast, wirst du zum Check deiner Vitalfunktionen (Gewicht-, Blutdruck- und Hämoglobinwertmessung) aufgerufen. Diese Screeningwerte bekommt einer der sechs angestellten Ärzte des Zentrums und entscheidet: „Hopp oder top“.
Ist alles ok, wirst du im Spendersaal zu einer Liege gebracht, hältst nen netten Schnack mit dem Mitarbeiter und wirst währenddessen an die Maschine angeschlossen. Ein kurzer Pieks und ab geht’s: Dein Blut fließt nun in eine Zentrifuge, in der dein Plasma herausgefiltert wird und wiederum kleckernd in eine Plastikflasche läuft. Deine roten und weißen Blutkörperchen sowie die Thrombozyten kriegste sofort wieder zurück. Der Vorgang dauert 30-45 Minuten – Quality time! Die meisten Spender lesen währenddessen oder gucken sogar Serien auf dem Ipad.
Du stehst die ganze Zeit unter strenger Beobachtung durch die Mitarbeiter und Ärzte, die leider sofort sanft am Knie wackeln, wenn dir mal kurz die Augen zu fallen. Schlafen darf man während der Spende nämlich leider nicht – man könnte ja ohnmächtig sein. Wobei das sehr unwahrscheinlich ist. Und dass ich oft drohe, einzunicken, spricht ja auch für sich: So ne Spende ist echt kein großer Akt. Sobald dein Plasmabehälter voll ist, macht deine Maschine ein lustiges Piep- und Lichtkonzert, du bekommst einen Verband angelegt, kannst das Geld einsacken und wirst verabschiedet – that’s it.
Klingt gut. Und was bekomme ich für mein Plasma?
Je nachdem, wie viel du spendest (650, 750 oder 850 ml), erhältst du zwischen 19 und 22 Euro Aufwandsentschädigung pro Spende – BÄM! Außerdem gibt’s ein ausgeklügeltes Bonussystem, über das du Extrageld einstreichen kannst, z. B. wenn du Leute wirbst (lass uns gerne gemeinsame Sachen machen!).
Apropos Leute: Im Spendersaal treffen 18-Jährige mit Dreadlocks auf 50-jährige Anzugträger – die Mischung ist echt bunt. Und Frau Lipps weiß: „Klar, die Jüngeren kommen hauptsächlich des Geldes wegen. Aber bei den älteren Spendern sind es eher altruistische Motive, die haben sogar oft einen persönlichen Bezug, weil sie jemanden kennen, für den das Plasma lebenswichtig ist.“
Ich könnte noch gaaaanz viel schreiben, z. B. über die regelmäßigen kostenlosen Gesundheits-Checks. Oder darüber, dass bei jeder(!) Spende ein Screening auf Hepatitis B & C und HIV durchgeführt wird. Aber ich mach jetzt Schluss.
Hier gibt’s noch ein FAQ für euch und eine Liste mit allen Spenderzentren in Deutschland.
Übrigens: Ich war mir gar nicht so sicher, wie Frau Lipps dieser Beitrag gefällt. Wo ich ja eher persönliche Erlebnis-, statt Sachberichte schreibe, und dann auch noch so flapsig zwischendurch. Umso mehr habe ich mich über ihre Reaktion gefreut. Und auch die oberen Verantwortlichen haben den Artikel mit Begeisterung und Lob, statt Änderungswünschen durchgewunken. So macht mir das hier ganz schön Spaß!
Hallo Lisa,
Ich werde auch demnächst mal dort das erste mal vorbei schauen 🙂 War vorher nicht sicher, wie das alles abläuft und ähnliches. Danke für den ausführlichen Bericht! 🙂
LG
Sehr schön, danke für die Blumen und hoffentlich viele gute Spenden!
Der Beitrag ist echt gut. Ich bin seit 8 Wochen dabei und finde es auch super. Die Leute sind alle freundlich und es geht echt schnell. Ich war bisher jede Woche und hab nur letzte Woche pausiert:)
Verträgst du die Spende 2x in der Woche gut? Und wechselst du dann immer den Arm?
Lg Laura
Hi Laura! Schön, dass du dich dort auch so gut aufgehoben fühlst! Ich vertrage zwei Mal die Woche gut und kann sogar meistens immer rechts nehmen (damit fällt mir das pumpen einfach leichter), weil der Einstich nach den zwei Tagen Pause in der Regel schon komplett verheilt ist. Wenn du 2 x pro Woche spendest, wird dein Bluteiweißwert sehr streng kontrolliert, sobald er ein bisschen absackt, darfst du – reine Vorsichtsmaßnahme – erstmal wieder nur ein Mal pro Woche kommen. Liebe Grüße
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