Das sind meine entzückenden Freunde Jessie und Mirko mit ihrer Tochter Myléne (von mir Millinski genannt). Treue Fans kennen die beiden schon von unseren legendären Hofflohmärkten. Die beiden können aber noch viel mehr, als den einstigen In-Club „Vrstck“ (Versteck) in Dortmund zu betreiben und Kuriositäten verschiedenster Jahrzehnte auf Flohmärkten zu verkaufen. Seit März 2021 sind die beiden vit:bikes-Franchise-Partner in der Luxemburger Straße in Köln Sülz.
In einem sexy Showroom stehen hier rund fünfzig E-Bikes ausgewählter Marken wie Kalkhoff.
Ich habe den beiden einen Besuch abgestattet. Meine Erfahrung mit E-Bikes hält sich in Grenzen: Vor einigen Jahren bin ich während eines Ausflugs in Brandenburg mit Motor unterm Hintern gefahren, habe aber ehrlich gesagt keinen großen Unterschied zum normalen Strampeln bemerken können und war wenig begeistert. Als ich neulich mit dem E-Bike eines Freundes durch Mönchengladbach gesaust bin, musste ich feststellen: Einen Bordcomputer während des Radelns zu bedienen, lenkt mich ganz schön ab. Ist wahrscheinlich eine Frage der Gewohnheit.
Ich steuere vit:bikes an, um den kompletten Beratungsprozess mit Haut, Haar, Hand und Hintern mitzumachen und bin gespannt.
Das Ladenlokal an der Luxi ist der Knaller. Hier kann man echt von einem Showroom sprechen, zumal die Marken Highclass sind.
Los geht’s ab 3500 Euro, dementsprechend futuristisch-fancy sehen die Modelle aus.
Soll auch kein „Fahrradkaufhaus, sondern ein Angebot exklusiver Marken“ sein.
So gibt’s hier zum Beispiel Simplon Räder, handgefertigte Modelle aus Österreich. Die Carbonräder, die zu den leichtesten der Welt gehören, werden online konfiguriert – alles nach eigenem Gusto und individualisiert bis zum Zahnrad. Ein schöner Spaß! Die meisten Modelle sind jedoch von Kalkhoff, die ich sogar kenne. Auf diese Marke ist Mirko besonders stolz, und findet die Räder extrem spannend. Dank der kleinen Markenauswahl können Jessie und Mirko sehr eng mit den Herstellern zusammenarbeiten.
Das war Mirkos größte Challenge als Quereinsteiger und Neugründer: die richtigen Marken zu finden, welche Marken begleiten einen als leistungsfährigen Partner? Zwar ist mein Buddy seit Jahrzehnten Vertriebler durch und durch, doch – auch wenn passionierter Mountainbiker – mit der Neueröffnung des vit:bikes-Stores betritt er ganz neues Terrain. Seine Partner und Kollegen haben es ihm aber leicht gemacht, hier erfährt er volle Unterstützung und freut sich unter anderem über Onlineschulungen durch die hauseigene Akademie. Das schafft für ihn Vertrauen in die Marke und mein Eindruck ist, dass er genau dieses Vertrauen an seine Kunden weitergeben kann. Selbst überzeugt von vit:bikes und den Produkten, kann er die Kundschaft vertrauenswürdig und mit Überzeugungskraft beraten. Das ist ihm auch besonders wichtig: Die Kunden sollen ein einmaliges Erlebnis haben und sich persönlich betreut fühlen. Die Beratung erfolgt auf Termin und dauert eine gute Stunde.
Ich frage mal ganz ketzerisch: Wofür überhaupt ein E-Bike, gerade im flachen Köln, und welche Kunden tummeln sich hier? Das Grundprinzip lautet „urbane Mobilität“ und soll nicht nur gewährleisten, dass man umweltschonend und unverschwitzt bei der Arbeit ankommt, sondern auch Menschen mit körperlichen Problemen höchsten Fahrkomfort bieten. So sind viele der Kunden stark übergewichtig, haben Herz- oder Knieprobleme. Auch ihnen soll Fahrradfahren möglich sein und nicht nur das, es soll Spaß machen.
Wer sich nach der ausführlichen Beratung für ein Rad entschieden hat, darf sich auf eine „ordentliche Übergabe“ des motorbetriebenen Gauls freuen. Eine gute halbe Stunde lang wird man in seinen neuen Begleiter eingewiesen und bekommt sogar ein Serviceheft, das vorgibt, wie oft man zur Inspektion darf. Durch den Hinterausgang der Showrooms an der Luxi kommt man über einen Hof zur riesigen Werkstatt.
Hier arbeitet Thomas, Werkstattleiter und Zweiradmechatroniker (auf dem Foto ganz oben der Typ da ganz ganz hinten. Gar nicht gesehen, wa?), der sich auch bestens mit Motoren auskennt. Im Shop gibt’s übrigens nicht nur Räder, sondern auch Sattel, Helme, Schlösser und Reflektoren zu kaufen.
Ab nächstem Jahr soll es noch weitere Vitbikes-Stores geben: einen im Kölner Norden und einen in oder bei Düsseldorf. Mio empfiehlt übrigens: Wer nächstes Jahr ein E-Bike haben will, sollte sich jetzt schon kümmern. Wegen dieses Corona reißen die Lieferketten aus dem internationalen Markt, sodass zum Beispiel Roloffschaltungen erst ab Februar 2022 lieferbar sind. Dank guter Beziehungen hat Mio aber einen ordentlichen Bestand und es kommen auch noch weitere Räder.
„Das E-Bike motiviert auch Menschen, die nicht so fahrradgeil sind, zu fahren“. Und wer unkt, E-Bikes seien für Faule oder Senioren, der täuscht: „E-Bikes sind definitiv auch für sportliche Zwecke einzusetzen“. Mal ganz groß gedacht, wünscht Mio sich, die Autos von den Straßen zu vertreiben. Hierin sieht er ein wichtiges Thema für die nächsten Jahre, gerade beim krassen innerstädtischen Verkehr in Köln, der einen gerne mal in den Wahnsinn treibt. Er freut sich, etwas zu verkaufen, das viele Emotionen transportiert. Jessie und Mio wollten immer wach bleiben, was das Leben und das Berufsleben angeht, daher waren sie direkt begeistert von der Idee. Jetzt haben sie sich einen kleinen großen Traum erfüllt bei dem der Kunde im Mittelpunkt steht, nicht der Fahrradverkauf. Das absolute Must-Know: Wenn man den kompletten Beratungsprozess durchlaufen hat, gibt’s die
vierwöchige vit:bikes Fahrspaßgarantie, die gewährleistet, dass man keine Knie-, Handgelenks- oder Rückenschmerzen beim Fahren bekommt und die einem erlaubt, das Bike innerhalb von vier Wochen zurückzugeben.
Der Beratungsprozess ist ausführlich und startet mit dem Messen der Sattelhöhe, dafür nimmt man einen t-förmigen Teleskopständer, der lustig zwischen die Beine flutscht und auf der richtigen Höhe steckenbleibt, sodass man die Schritthöhe ermitteln kann. Mirko empfiehlt Sattel mit sogenanntem Dip, einer tieferliegenden Sattelnase für eine optimale Druckentlastung. Unter dem Sattel ist eine Art Gummiball,die die Fahrradfahrbewegung aufnimmt. Der Fachmann weiß: Das ist die Active Technology. Eine falsche Sattelhöhe verursacht Knieschmerzen. Bei der Vermessung stehen drei Kontaktpunkte im Vordergrund: die Hände, der Hintern und die Füße. An der großen Maschine von Smartfit kann Mirko außerdem die Armlänge ermitteln, sodass die Höhe des Lenkrads festgestellt wird, genau wie die Sitzposition. Alle Werte an den PC übermittelt, ergibt sich, wie das Rad einzustellen ist: von sehr komfortabel bis sportlich. Ich bin fasziniert von den Ergebnissen – die Vermessung dauert nicht lange, bringt aber erstaunliche Ergebnisse. Grobe Regeln kennt man ja, Knie nicht ganz durchgestreckt beim Fahren, Sattel circa bis zur Hüfte und so weiter. Von diesem Pi mal Daumen hält Mirko allerdings nichts und schwört auf seine exakte Vermessung, die eine optimale Fahrposition verspricht. Besonders lustig ist das Ausmessen der Sitzknochen: Dafür setzt man sich auf einen beleuchteten Hocker und reibt seinen Hintern genüsslich in ein Blatt Papier, auf dass sich die Knochen durch kleine Löcher abzeichnen und die richtige Sattelbreite ermittelt werden kann. Nicht zu unterschätzen ist auch die Vermessung der Hand, damit Mio die richtigen Griffe raussuchen kann. Was er für mich auswählt, fühlt sich gut an. Meine Probefahrt auf dem Kalkhoff ist entsprechend gigantisch: Alles exakt angepasst, sitzt es sich ganz hervorragend und dass Mirko den Turbo einschaltet, ohne mir vorher Bescheid zu sagen, hat ein verzücktes „Huiiii“ zur Folge und ich rausche ab. Geil!
Neben E-Bikes bieten die zwei übrigens auch Lastenräder an, und zwar nicht die sperrigen Holzkisten mit denen jede Kurve – zumindest für mich – zum SuperGAU wird, nee, bei Vitbikes gibt’s Lastenräder von Johannson mit einer speziellen Neigetechnik die gar sportliches Fahren erlaubt. Die Räder sind im skandinavischen Design gestaltet, kommen aber aus deutschem Haus. Sie haben lustige Namen wie Fiete, Gunnar und Oscar und verfügen über bis zu sechs Cargo-Optionen.
Ich muss schon sagen: Die Ergonomieberatung und das Bodyscanning haben mich nachhaltig beeindruckt, mit professionellen Daten im Gepäck beziehungsweise unterm Hinten fährt es sich ja doch ganz anders, als einfach drauf los. Der Showroom ist sexy und die Räder machen Spaß. „Ich geb Gas, ich geb Gas“, bitte an dieser Stelle dazudenken :-).
Luxemburger Straße 150b
50937 Köln
Dienstag bis Freitag 12-19 Uhr
Samstag 10-16 Uhr